Iwer den Dirpel sen mir geschridden Drucken
Geschrieben von: Jürgen Binder   


Hamlescher erinnern sich an Verlobungsbrauch von damals


Rund 450 Gäste von nah und fern sind über den Türstock der Böllingertal-Halle in Heilbronn Biberach geschritten um am 12. Mai am Hamlescher Treffen teilzunehmen. Neben der Wiedersehensfreude war der nachgespielte Verlobungsbrauch der Höhepunkt dieser gelungenen Veranstaltung, die federführend von den Vorstandsmitgliedern des Vereins Hamlesch e.V. Michael Eberle, Stefan Buortesch und Wilhelm Feierabend organisiert wurde.

Mit dem Zitat von Theodor Fontane „Erst die Fremde lehrt uns, was wir an der Heimat besitzen“ begrüßte der Vorsitzende des Vereins Hamlesch e.V. Michael Eberle die zahlreichen Landsleute von nah und fern. Für ihn ist Heimat mehr als nur der Ort und die Häuser. Sie ist auch die Erinnerung an den Sommerregen, den frisch benetzten Straßenstaub der Hamlescher Straßen, das Abendrot „iver dem Reech“, der Duft nach frisch gebackenem Brot und frischer Hanklich. In diesem Sinne wünschte Eberle ein gutes Gelingen und das Auffrischen vieler Erinnerungen von früher.

Der anschließende Gottesdienst mit Siebenbürgischer Liturgie wurde von Pfarrer Peter Madler zelebriert, für die musikalische Begleitung sorgte Dorothee Häfner. Pfarrer Madler sieht das Hamlescher Treffen als ein Fest der Freude, Dankbarkeit und der gegenseitigen Zuneigung. „Wir nehmen unseren Glauben mit und wir tragen nicht schwer, sondern er trägt uns“, so Madler in seiner Predigt.

Im Anschluss stellte Eberle die Aktivitäten des Vereins Hamlesch e.V. vor: Der Verein hat derzeit 73 Mitglieder, es wäre wünschenswert wenn noch weitere dazu kommen würden. Eberle unterstrich nochmal, dass die Mitgliedsbeiträge nur mittels Einzugsermächtigung bezahlt werden können um den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten. Als Alternative bietet sich an, den Verein auch mittels Spenden zu unterstützen. Nachdem 2011 eine Hamlescher Gruppe am Trachtenumzug in Dinkelsbühl teilgenommen hat, soll auch in diesem Jahr wieder mitmarschiert werden. Alle Trachtenträger sind herzlich willkommen.

Für die Friedhofspflege in Hamlesch wurde eine hochwertige gebrauchte Motorsense inklusive Zubehör im Wert von 400,- EUR gekauft. Außerdem erhält Kurator Johann Astner für die Mäharbeiten jährlich einen Zuschuss. Die evangelische Kirchengemeinde Hamlesch hat derzeit noch 32 Mitglieder, 7 davon leben im Altenheim in Hermannstadt. Anlässlich dieses Treffens erreichte den Verein Hamlesch e.V. ein Schreiben vom Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, in dem Bischof Guib, Landeskirchenkurator Philippi und Hauptanwalt Gunesch ihre Grüße überbrachten. Außerdem wurde in dem Schreiben aus Hermannstadt über die aktuelle Lage in der Kirchengemeinde Hamlesch informiert, aber auch über Vorhaben und Projekte in der gesamten Landeskirche.

Nicht zuletzt bedankte sich Eberle bei den vielen Helfern, die bei der Vorbereitung des Treffens tatkräftig mitgeholfen haben. Ein herzlicher Dank geht an alle, die mittels ihrer Kuchenspenden ein reichhaltiges Buffet zusammengetragen haben. Ein besonderer Dank geht an das Ehepaar Susanna und Andreas Binder für das Banner, sowie an Michael Weber, der seit einigen Jahren erfolgreich die Homepage www.hamlesch.de betreut. Bilder und Videos vom Treffen können hier aufgerufen werden.


Der Höhepunkt der Veranstaltung war der Aufmarsch aller Trachtenträger mit anschließender Darstellung des Verlobungsbrauchs.
Gezeigt wurde die Verabschiedung aus dem Kreis der Jugendlichen. Susanne Weber führte durch das Programm und stellte vor, wie man sich „damals“ verlobte. Dankenswerter Weise haben sich Melanie Welther und Georg Feierabend bereit erklärt, das Brautpaar zu spielen. Nach der Phase des gegenseitigen Kennenlernens stand bei den Jugendlichen (Gruißkniecht uch Gruißmed) der Entschluss fest zu heiraten. Wenn auch die Eltern damit einverstanden waren, so erfolgte das „Verlangen gehen“. Bräutigam und Vater gingen zur zukünftigen Braut und hielten um ihre Hand an. Der Vater sagte folgendes: „Iwer den Dirpel sen mir geschridden, äm ir Diuchter wällen mir bidden“. Daraufhin erfolgte die Zusage mit den Worten: „Wunn ir Soan versprächt, as Diuchter en gunz Liewen long ze iihren uch ze schatzen, dro gien mir asen Sejen“. Wenn das genaue Datum der Verlobung feststand, so wurden der Altknecht und die Altmagd benachrichtigt, denn nach altem Brauch wurde das Paar mit Liedern aus dem Kreis der Jugend verabschiedet. Nach der Abenddämmerung versammelte sich die Jugend vor dem Haus der Braut und bildete einen großen Kreis. Nachbarn, Kinder und viele weitere Dorfbewohner kamen auch, um diesem Ereignis beizuwohnen. Am nächsten Sonntag ging das frisch verlobte Paar zur Kirche, die Braut mit Borten und Brautkranz, der Bräutigam mit dem „Brejempuschen“ am Hut. In der Kirche wurde dann die Verlobung offiziell bekannt gegeben (Ousgerofen). 
Während das junge Paar – wie ehemals in Hamlesch – reihum die Gäste mit einem Glas Wein bewirtete, wurden folgende Lieder gesungen: „Det Broktlied“, „Lebt wohl, geliebte Eltern“, „Als ich Dich zum ersten Mal erblickte“, „Tea läwet hischet Medchen“, „Liebchen komm mit“. Dabei wurde auch auf Details geachtet: bei der Textpassage „Schest dat et kracht, schest dat et kracht“ ertönte ein „Schuss“ und auch Suppenteller gingen gemäß altem Brauch zu Bruch. Der Bräutigam bedankte sich bei der Jugend für die gemeinsam verbrachte Zeit und wünschte ihnen, sie mögen bald in ihre Spur treten und auch heiraten.

Bei den Anwesenden ist die gespielte Verlobungsfeier durchwegs positiv angekommen und damit wurde mit Sicherheit erreicht, dass der Hamlescher Verlobungsbrauch nicht in Vergessenheit gerät.

Ein herzlicher Dank geht an alle, die an diesem Fest teilgenommen und zur dort erlebten Gemeinschaft beigetragen haben. Für die Organisatoren ist es der größte Dank, dass die erwartete Gästezahl überschritten wurde. 

In diesem Sinn „God erholt ech“ und bis in 2 Jahren.

Jürgen Binder